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Das Tagebuch des Miroslav Spuckowski
Miroslav von seinen bescheidenen Anfängen bis zur prächtigen Klebebandfigur
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Das Tagebuch des Miroslav Spuckowski

 

Meine Vorbemerkungen:

Miroslav Spuckowski ist eine Figur, die ich während meines Aufenthalts in der Fliedner Klinik aus gebrauchtem Klebeband der Kunsttherapie gebastelt habe. Er fing klein an und wurde durch Unterstützung der Mitpatienten und des Kunsttherapeuten so groß, dass er einen eigenen Sitzplatz beanspruchte. Er nannte mich immer Mädel und hatte ziemlich schräge Ansichten und Theorien. Aber das macht dieses Tagebuch gerade lesenswert!

 

 

Vorbemerkungen des Miroslav S.:

Ich, Miroslav Spuckowski, war lange nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, mein geheimes Tagebuch der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Das Mädel hat mich dann aber überzeugt, dass es wichtig ist, die Menschen an meinen Gedanken teilhaben zu lassen.

Voran schicken möchte ich, dass ich nicht die einzige Klebebandfigur auf dieser Welt bin. Es gibt eine ganze Nation von Klebebandfiguren. Das Mädel mag ja glauben, dass sie da eine einzigartige Idee hatte. So ist es aber nicht. Diese Idee wurde ihr von unserem obersten Klebebandfiguren-Meister ins Hirn gepflanzt. Sie darf sich dennoch glücklich schätzen, für diese Mission ausgewählt worden zu sein. Ich war ja mit der Wahl unseres Meisters nicht immer glücklich, wie Ihr meinem Tagebuch entnehmen könnt.

 

Dienstag, 04.03.2014

Der Meister hat das Mädel ausgesucht, um mich in die Welt der Menschen zu bringen. Ich weiß nicht, warum er diesen Ort und diese Person ausgesucht hat. Der Ort scheint eine Privatschule für Leute zu sein, die im traditionellen Schulwesen gescheitert sind und nun hier einen Schulabschluss anstreben. Das Mädel hat vielleicht durchaus eine sprachliche Begabung, so dass Hoffnung besteht, dass sie die klebebändische Sprache hinreichend lernt, um mit mir zu kommunizieren. Sie hat aber definitiv zwei linke Hände. So jetzt ist es raus. Ich sehe meine Zukunft ohne große Zuversicht.

 

Freitag, 07.03.2014

Ich bin so unglücklich!! Das Mädel hat nicht nur zwei linke Hände – sie hat auch überhaupt keinen Sinn für Ästhetik!! Ihre ungelenken Hände haben mir eine total missratene Form gegeben und dann hat sie mich auch noch mit den gepanschten Farbresten ihres letzten Malprojekts verunstaltet. Kein Wunder, dass mich ihre Mitschüler Spuckie nennen. Ich sehe ja auch echt aus wie ausgespuckt. Meine Versuche, sie von dieser Geschmacksverirrung abzuhalten, scheiterten an ihren geringen Kenntnissen meiner Sprache. Immerhin vermittelt mein Gesichtsausdruck mein inneres Empfinden. Es kann einfach nur noch besser werden.

 

Wochenende 08./09.03.2014

Die Tonfigurenjungs haben mich zu Ihrer Samstagsparty eingeladen, aber ich bin über mein vermurkstes Aussehen so unglücklich, dass bei mir einfach keine Partylaune aufkommen will. Das Gespött der Zimmerpflanze im Aufenthaltsraum macht es nicht besser. Die soll sich doch lieber erst mal selbst ansehen, die olle Schnepfe. Die Tonfigurenjungs und die Stehlampe haben mich getröstet: das sei nur ein Zwischenstadium, bald würde ich sicher viel besser aussehen, und das Mädel wird mich besser verstehen. Ich fühlte mich dann doch getröstet. Und die Stehlampe ist nicht nur attraktiv, sondern auch richtig nett. Ich hoffe, dass wir gute Freunde werden.

Montag, 10.03.2014

Die Schüler sind wieder da - im Aufenthaltsraum herrscht Jubel, Trubel, Heiterkeit. Aber wo ist das Mädel? Zu Unterrichtsbeginn um 9 Uhr ist sie noch nicht da. Ich werde schon etwas nervös. Als sie dann endlich kommt, sieht sie richtig Sch ... aus und stürzt erst einmal in die Porzellanabteilung. Ich sage zu ihr “Na, das war wohl zu viel Party am Wochenende“. Sie schweigt, sieht mich finster an und scheint zu überlegen, ob sie mich dem Papierkorb überantworten sollte. Ich beschließe daraufhin, meine kleine Klebebandklappe zu halten.

 

Dienstag, 11.03.2014

Erleichterung, Glückseligkeit! Endlich bin ich diese widerliche braune Matschfarbe los. Und auch wenn mein Körper noch etwas seltsam und schmächtig aussieht, habe ich nun doch zumindest einen halbwegs passablen Kopf sowie Arme und Beine. Die Haltung finde ich übrigens recht dynamisch. Ich ignoriere, was die olle Zippe von Zimmerpflanze dazu zu sagen hat.

 

Mittwoch, 12.03.2014

Cool, jetzt habe ich nicht nur Füße sondern auch ein stylisches Stirnband. Ich fühle mich wie ein knallharter Karatekämpfer. Die Stehlampe findet das etwas übertrieben: sie verdreht bedeutungsvoll ihre Beleuchtungseinheit nach oben. Weiber!

Das Mädel dagegen scheint langsam ein Gefühl für Ästhetik und Verständnis für meine Bedürfnisse zu entwickeln. Ihre Kenntnisse der klebebändischen Sprache sind noch rudimentär, aber ihre Fortschritte sind ermutigend. Das kann man von ihren Mitschülern und Lehrern nicht sagen. Die Verstehen kein einziges Wort!

 

Donnerstag, 13.03.2014

Ich weiß nicht so recht - dieses grünliche Outfit ist vielleicht doch nicht so mein Fall. Ich will jetzt dem Mädel nicht wieder Geschmacksverirrung vorwerfen, schließlich muss sie mit dem Material auskommen, das ihre Mitschüler produzieren und spenden.

Sie meint, ich solle etwas geduldiger sein: es würden sicherlich auch noch andere Farben ins Spiel kommen. Da werde ich gleich wieder nervös, denn es könnte ja noch schlimmer kommen. Das findet meine Stehlampen-Freundin so komisch, dass sie kichern muss. Die könnte auch ein wenig mehr Rücksicht auf meine Gefühle nehmen. Oh nein, jetzt rede ich selbst schon wie ein Weib ...

 

Freitag, 14.03.2014

Durch die großzügigen Spenden aller Mitschüler habe ich jetzt richtig schöne Farben und einen ordentlichen Kopf. Soweit alles gut, bis das Mädel es doch wieder wagt, mich mit Farbe anzumalen! Ok, rote Farbe, keine gematschte oder unansehnliche Farbe und es sieht irgendwie aus wie eine Hose. Und ja: dadurch habe ich auch diesen schönen Namen, Miroslav Spuckowski (polnischer Nationalspieler) bekommen. Trotzdem ...

In der Mittagspause versucht das Mädel, den Fehler wieder gutzumachen. Und wie das immer so ist, wenn man etwas verbessern will, man verschlimmbessert es! Jetzt sieht es aus, als würde ich eine Windel tragen - AAAAAAHHHH!!!!

Eigentlich hätte ich sie dafür beschimpft, aber sie ist so blass um die Nase. Ihr Zustand macht mir Sorgen. Sie hat sogar Sportverbot bekommen. Nicht dass sie mir hier mittendrin schlapp macht - es gibt noch so viel zu tun.

 

Wochenende 15./16.03.2014

Wieder kann ich nicht zur Party der Tonfigurenjungs - diese blöde Windel! Bin total frustriert. Das Gekicher meiner Freundin und der höhnische Spot der Zimmerpflanze geben mir den Rest. Was für ein elendes Dasein!

 

Montag, 17.03.2014

Statt an mir weiterzuarbeiten, zeichnet das Mädel Comics. Also mit dieser mangelhaften Prioritätensetzung wird das nix mit ihrem Schulabschluss. Ich frage sie, was denn ihre Eltern sagen, wenn sie sich so wenig auf das Wesentliche konzentriert. Da erklärt sie mir doch, dass sie gar nicht mehr bei ihren Eltern wohnt, sondern zusammen mit ihrem Ehemann (!!!). "Dann wird es jetzt aber höchste Zeit für einen Schulabschluss! Du willst doch auch einen Arbeitsplatz finden und voll emanzipiert sein.", sage ich. Darauf sagt sie: Ich habe schon einen Abschluss, arbeite seit Jahren und bin voll emanzipiert. Verstehe jetzt gar nichts mehr. Das hier scheint so eine Art Fortbildung für sie zu sein. Und wie alt ist die eigentlich? Wie auch immer: ich mache ihr deutlich, dass sie mit ihrer wichtigsten Aufgabe (mir) weitermachen muss. Der Kunstlehrer sieht das sicherlich auch so. Schließlich hat er mich schon anderen Leuten vorgestellt. Sie hat es dann eingesehen und mit dem Gekrakel aufgehört. Dann muss sie leider gehen. Wahrscheinlich kochen für den Ehemann. Von wegen emanzipiert - ha!

 

Dienstag, 18.03.2014

AAAAAHH!!! Ich habe meine Arme und Beine verloren!! Das Mädel behauptet, dass das so sein muss, weil ich nur so wachsen kann. Weiß die wirklich, was sie tut? Sie hat meine Arme, meine Beine und meinen vorherigen Oberkörper zu einem neuen Oberkörper zusammengewurschtelt.

Ich sehe aus wie eine altägyptische Mumie und kann nirgendwo hingehen. Allein und wehrlos liege ich auf dem Tisch des Aufenthaltsraums. Ihre Mitschüler kommen, bestaunen meinen Zustand und lachen. Ich habe dem Mädel verboten, von diesem Zustand ein Foto zu machen. Ich bin stinksauer!

 

Mittwoch, 19.03.2014

Immer noch altägyptische Mumie – keine Kommentare und KEINE FOTOS, klar? Das Mädel ist auch nicht so gut drauf. Wahrscheinlich hat sie eine Arbeit versemmelt und sieht ihren Schulabschluss in weite Ferne rücken. Sie murmelt jedenfalls irgendwas von „keine Perspektive“. Ich habe mir zwischenzeitlich einen Reim auf ihre Äußerungen vom 17.03. gemacht (habe mangels Armen und Beinen auch sonst nichts zu tun). Ihr bisheriger Schulabschluss ist bestimmt von der niedrigsten Kategorie und deshalb muss sie auch im Niedriglohnsektor arbeiten. Man muss sich ja nur mal die Klamotten ansehen, die sie trägt … Habe sie auf ihr Outfit des Grauens angesprochen und da meinte sie nur etwas spitz „Möchtest Du Arme und Beine haben oder soll ich dieses Projekt jetzt und hier beenden?“ Na gut, die Erwähnung von Müllhalde im Zusammenhang mit ihren Klamotten war vielleicht ein wenig krass.

 

Freitag, 21.03.2014

Oh Mann, das Mädel ist immer noch grottenmäßig schlecht drauf. Trotzdem arbeitet sie fleißig an mir weiter (hat mir meine Sprüche über ihr Outfit wohl verziehen). Ich habe jetzt immerhin wieder zwei Arme und – leider – nur ein Bein. Ich bin gewachsen, das stimmt, aber mein Körper ist seltsam geformt und halt EINBEINIG! Was denkt sich das Mädel dabei? Angeblich kann ich ihr das nicht vorwerfen. Es war halt einfach nicht genug Material da. Ich wäre jetzt gerne eine Stehlampe: die ist ja von Grund auf einbeinig konstruiert und kann wunderbar auch so die Balance halten, aber ich ...

 

Wochenende 22./23.03.2014

Seufz, wieder kein Party-Wochenende für mich. Dafür ist meine liebe Stehlampe ganz besonders fürsorglich und die Zimmerpflanzen-Schnepfe gruselt sich bei meinem Anblick, hehehehe.

Was wohl das Mädel so am Wochenende macht. Ich will schwer hoffen, dass sie sich den Hausaufgaben widmet. Viel zu oft macht sie die nämlich gerade so vor Unterrichtsbeginn. Ihre Deutsch- oder Englischlehrerin scheint ja sehr viel Sinn für Humor zu haben (braucht sie auch, wenn sie das Mädel unterrichtet), aber den Bogen überspannen darf man bei ihr sicher auch nicht. Wenn ich so einen Blick auf die vom Mädel ausgefüllten Arbeitsblätter werfe, denke ich oft, dass sie da nicht mit der gebotenen Sorgfalt arbeitet. Ich denke, dass Ihre Lehrerin da einer Meinung mit mir ist. Seltsamerweise bekommt sie von den anderen Lehrern anscheinend keine Hausaufgaben. Und die Unterrichtsstunden sind ohnehin schon so kurz. Eine komische Schule ist das!

 

Montag, 24.03.2014

Puh, endlich wieder vier Gliedmaßen – das fühlt sich doch schon viel besser an. Das Mädel sagt, dass ich mich beim B-Team für die Materialspende bedanken müsse. Ok, mach ich: „Danke, liebes B-Team für Eure großzügige Materialspende!“. Natürlich hat das Mädel die Hausaufgaben nicht gemacht. Ich rede ihr ins Gewissen und sie verspricht Besserung. Immerhin ist sie heute gut drauf und hat das mit dem Bein wirklich sehr geschickt gelöst. Das hätte ich ihr gar nicht zugetraut. Sie scheint langsam ein Gespür für diese Tätigkeit zu bekommen. Außerdem wird sie jetzt auch noch von ihren Mitschülern unterstützt, die ihr Hinweise für die weitere Gestaltung geben. Ich finde jetzt nicht alle Hinweise so ganz wertvoll, manche sind von einer Qualität, dass es dafür gar kein Wort in meiner klebebändischen Muttersprache gibt (Anm. der Übersetzerin: er meint das Wort „Knackarsch“)

 

Dienstag, 25.03.2014

Das Mädel kommt heute reichlich spät, schafft es gerade so zum Unterrichtsbeginn. Danach malt sie schon wieder Comics: ich dachte, wir hätten das ein für allemal geklärt!! Gott sei Dank spendet der nette Kunstlehrer Material, so ich wieder zur Hauptperson werde.

Die Mittagspause bleibt das Mädel in der Schule und isst irgendetwas Absonderliches aus einer Kunststoffbox. Ihr Mathelehrer kommt vorbei und lobt sie für ihre gesunde Ernährung. Na ja, der Mann will sie halt auch mal loben. Für ihre Mathe-Kenntnisse wird er das kaum können. Die 20 Minuten Einzelnachhilfe in der Woche werden da auch nicht viel bewirken können. Ich wiederhole mich: eine seltsame Lehranstalt ist das hier!!

Den Rest der Mittagspause hat das Mädel fleißig an mir gearbeitet und das Ergebnis, ja, das kann sich sehen lassen: ich habe mehr Farben. Gut nicht alle sind jetzt als schön zu bezeichnen, aber Kontrast ist doch auch ein Wert für sich. Meine Beine sind länger, wenn auch immer noch recht krumm und seltsam. Ganz besonders stolz bin ich auf meinen Brustkorb: na, Ladies, ist der nicht richtig, richtig attraktiv?

 

Mittwoch, 26.03.2014

Heute kommt das Mädel endlich mit Hausaufgaben zur Schule. Vielleicht weil die wöchentliche Lehrerkonferenz ansteht. Das Mädel ist heute als Erste dran. Ob das nun ein gutes Zeichen ist?

Es scheint jedenfalls gut gelaufen zu sein. Sie sieht zumindest nicht so miesepetrig aus wie sonst. Dann hat sie noch irgendeinen Zusatzunterricht und sieht danach sehr verändert aus. Ich habe sie so noch nicht erlebt. Ich mache mir erst Sorgen, dass sie mich als Projekt für beendet erklärt, aber dann ist alles wieder gut. Sie bastelt weiter an mir und das mit so viel Hingabe, dass sie fast ihren Deutschunterricht (oder ist es doch Englisch?) verpasst. Dann vergisst sie auch noch fast ihre Hausaufgaben. Gut, dass ihre Lehrerin so gut auf sie achtet.

Mit ihrer Bastelei bin ich auf jeden Fall zufrieden. Ich habe diese schönen Farben im Kopfbereich und bin auch deutlich kräftiger geworden. Ja, auf diesem Weg können wir weitermachen.

 

Donnerstag, 27.03.2014

Heute ist irgendwie ein komischer Tag! Das Mädel sitzt mitten in der Unterrichtszeit mit anderen Mitschülern im Aufenthaltsraum und albert herum. Ich will das Mädel schon tadeln, als meine Freundin mir zuflüstert, dass das wohl Kleingruppenarbeit sei.

"Na, so eine Schule würde ich auch gern besuchen: die lachen ja nur und haben Spaß.", sage ich stirnrunzelnd. Warum schaut mich die Stehlampe so seltsam an? Sie setzt an zu irgendeiner Erläuterung (wahrscheinlich langweiliges, gefühlsduseliges Mädchen-Bla-Bla). Schnell lenke ich zu einem anderen Thema ab und sie kommt nicht zu Wort. Mann, war das knapp!

Diese Kleingruppenarbeit scheint dem Mädel nicht gut bekommen zu sein. Sie betrachtet mich recht kritisch von allen Seiten. „Was ist los?“, frage ich sie. „Na ja“, meint sie, „ich überlege, wie ich weitermachen soll. Ich möchte Dich größer und stärker machen. Das Ganze soll aber auch Balance haben und natürlich wirken.“ Balance haben und natürlich wirken? Oh Mann, typisches Mädchen-Bla-Bla! Mach' mich einfach riesengroß und superstark und fertig.

 

Freitag, 28.03.2014

Das Mädel wirkt heute sehr angespannt und geistesabwesend. Ich will wissen, was los ist, aber sie will nichts dazu sagen. Als ich meine Kräfte der Telepathie nutzen will, um an ihre innersten Gedanken zu kommen, bekomme ich sofort Ärger mit der obersten Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde: Abmahnung wegen verbotener invasiver Ausspähung. Diese blöden Spaßbremsen!

Dann werde ich auch noch daran erinnert, dass ich am Wochenende die erste Indexbewertung für mein Diplom bekomme. Das olle Diplom hatte ich vollkommen vergessen. Kein Wunder, denn niemand erklärt einem, wie das eigentlich abläuft. Man wird für irgendetwas bewertet, weiß aber nicht, was das ist und wie man es am besten zu machen hat. So ein Klebebandfigurenleben ist manchmal echt blöd. Na ja, immer noch besser als dieses Menschendasein. Oder noch schlimmer: Zimmerpflanze!!!

Nach dem Mittagessen kommt die freundliche junge Frau, die wohl Biologie oder Chemie unterrichtet, um wieder diese mysteriösen Umschläge zu verteilen.Was da wohl drin ist? Montags müssen die Schüler zu ihr zum Wiegen und Messen. Geht es vielleicht um wissenschaftliche Experimente?

Ich bin jedenfalls froh, dass mich das Mädel heute nicht verunstaltet hat. Das Party-Wochenende kann kommen!!

 

Wochenende 29./30.03.2014

Endlich ein Party-Wochenende für mich!!! Ich freue mich schon so auf die Party mit den Tonfigurenjungs – die sollen absolut genial sein. Meine Freundin, die Stehlampe, will allerdings nicht mitkommen. Sie sagt, dass sei ihr alles ein wenig zu wild. Jetzt bin ich aber richtig gespannt …

... xxx ... %%%%% gnsflö... gronkel ??/$§ ... flum%%"!

(Anmerkung der Übersetzerin: unleserliches Geschreibsel, Seite klebrig, als hätte jemand eine Limo, halt, nein, einen alkoholhaltigen Cocktail verschüttet).

 

Nach der Party am Samstag hat der Sonntag irgendwie ohne mich stattgefunden. Diese Tonfigurenjungs servieren echt heftige Cocktails. Der letzte Cocktail war dann wohl doch zu viel. Wie viele hatte ich eigentlich?

Nicht nur, dass ich an diesem Sonntag und wahrscheinlich auch am kommenden Montag schrecklich leide, nein, ich habe auch noch Ärger mit der obersten Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde.

Es ist bei uns Klebebandfiguren so, dass wir kein lokales sondern ein zentrales, universelles Gehirn haben. Das ist praktisch, wenn mich das ungeschickte Mädel fallen lässt, weil ich dann keine Gehirnerschütterung habe wie diese bedauernswerten Menschen aus Fleisch und Blut. Leider wirkt der individuelle Genuss von Drogen aller Art direkt auf das zentrale Gehirn. Das heißt, dass nun alle Klebebandfiguren sich so elend fühlen wie ich. Drogengenuss ist daher eigentlich streng untersagt, aber HEY, ab und an wird man doch mal jung sein dürfen.

Die Indexbewertung für mein Diplom sieht verheerend aus. Zusammen mit zwei Abmahnungen sehe ich mein Diplom in weite Ferne rücken. Großer Seufzer!

 

Montag, 31.03.2014

Das Mädel kommt humpelnd zum Unterricht. Na, wir geben heute ein schönes Paar ab: „Miroslav mit dem verkaterten Schädel und seine gehbehinderte Schöpferin“. Ich will wissen, was denn los war. Sie sagt, sie habe eine Blase am Fuß vom Halbmarathon. Ich schlage in meinem Kompendium über Menschen nach und lerne das Halbmarathon bedeutet, dass Menschen freiwillig und ohne Zwang 21 km durch Städte und Landschaften laufen. Was für ein Schwachsinn! Und so entfährt es mir spontan:“Was??? Du rennst freiwillig 21 km durch die Gegend?? Bist Du verrückt, oder was?“ Sie mustert mich kühl und sagt: „Bitte benutze das Wort „verrückt“ niemals wieder im Zusammenhang mit mir oder irgendjemand Anderem hier!“

Ach du liebe Güte, was soll denn das jetzt? Wie empfindlich dieses Mädel doch manchmal ist. Was ist denn jetzt am dem Wort „verrückt“ so schlimm? Die Stehlampe räuspert sich und wirft in den Raum, dass ich vielleicht mehr Verständnis für die Probleme anderer Wesen zeigen könnte. Welche Probleme denn?

 

Dienstag, 01.04.2014

Humpelnd, aber gut gelaunt kommt das Mädel in der Schule an. Heute steht Kunst auf dem Plan und das bedeutet: neues Material für mich und mein Wachstum. Ach, das Leben kann so schön sein. Sie kommt dann auch mit reichlich Material aus dem Unterricht – gute Aussichten für mich.

Am Nachmittag ist es plötzlich vorbei mit der guten Laune des Mädels. Auf Fragen reagiert sie nicht und ich will nicht noch eine Abmahnung wegen verbotener invasiver Ausspähung riskieren. Jedenfalls verarbeitet sie schweigend das reichlich vorhandene Material und das ist ja auch das Wichtigste. Ich hoffe nur, dass die Stehlampe nicht wieder anfängt mit „mehr Verständnis für die Probleme anderer Wesen“. Das interessiert mich doch nicht!

Das Ergebnis der Bastelei ist auf jeden Fall einigermaßen zufriedenstellend. Ich bin wesentlich größer und stärker. Nun gut, die Beine sehen noch etwas seltsam aus. Ich bin insgesamt gesehen ein wenig blass. Aber wenn ich ehrlich bin, will ich eher noch mehr von dem „Größer und stärker“

 

Mittwoch, 02.04.2014

Heute habe ich den größten Schock in meinem jungen Leben verkraften müssen. Ich rege mich gerade wieder über die seltsame Organisation dieser Privatschule auf, da mustert mich das einmal mehr mies gelaunte Mädel scharf und bemerkt etwas genervt:

Miro, falls Du es immer noch nicht gemerkt haben solltest: wir sind hier nicht in einer Privatschule, ich bin keine Schülerin und das sind keine Mitschüler. Das hier ist eine Tagesklinik!“

Quatsch“, entgegne ich, „wo sind denn die weißen Kittel? Und Du bist doch putzmunter und gesund. Du rennst ja auch wie eine Bekloppte 21 km durch die Gegend. Und den Anderen fehlt doch auch rein gar nichts. Außer vielleicht mehr Disziplin und Fleiß.“

Miro, das hier ist eine psychotherapeutische Tagesklinik.“

WAAAAAS???? Ich bin hier in einer Klap...“

STOP! Sag' diese Wort nicht. Niemals. Das hier ist eine Klinik.“

Und Du bist gar keine Schülerin, sondern eine Beklo...“

Nochmal STOP! Wage ja nicht, eines der B- oder D-Wörter für mich und meine Mitpatienten zu benutzen. Ja, wir sind psychisch krank, also bitte benutze das Wort „Patient“ und keine diskriminierenden Ausdrücke.“

Wieso soll ich Patient sagen, wenn Ihr alle doch ganz klar einen an der Kla...“ Plötzlich bekomme ich deutliche Signale von der Stehlampe. Also sage ich nur ganz langsam „Oh, ich verstehe … Ich nenne Dich einfach weiter Mädel.“

Dann kann ich gar nichts mehr sagen. Eine Klinik voller Typen mit psychischen Erkrankungen. Welche Verbrechen die wohl schon begangen haben? Und warum dürfen die jeden Tag nach Hause, wo sie ohne Aufsicht sind und Gott weiß was tun? Und das Mädel? Ob sie wohl einen Mord in einem Anfall von Wahnsinn begangen hat? Wenn ich mir diese kräftigen Hände so ansehe … oh nein, damit hat sie mich angefasst – wieder und wieder...

 

Donnerstag, 03.04.2014

Das Mädel bastelt heute sehr fleißig an mir. Aber mit diesen neuen Erkenntnissen fühle ich mich irgendwie unwohl. Ich habe 1000 Fragen, traue mich aber nicht, aus Angst wieder „falsche Worte“ zu benutzen. Mit Bekloppten muss man ja ganz schön vorsichtig sein. Die neigen bestimmt sehr schnell zu Gewalttätigkeit.

Ich schaue das Mädel intensiv an und kann nichts Außergewöhnliches erkennen. Gut, in ihrem Gehirn herrscht ein ziemliches Durcheinander, aber das ist doch bei vielen Frauen so – glaube ich jedenfalls. Schließlich wage ich doch, sie direkt zu fragen.

 

Ähem, sag' mal, hast Du irgendetwas Schlimmes getan, dass Du hier eingewiesen wurdest?“

Also gut, Miro, ich erkläre es Dir“, seufzt sie schließlich, „ich bin freiwillig hier. Ich leide an einer schweren Depression und konnte mich anfangs einfach zu nichts mehr aufraffen. Alles schien mir sinnlos, ich sah keine Zukunft mehr für mich. Ich konnte nicht mehr schlafen und nicht mehr essen, habe oft geweint. Jetzt bin ich hier, um mit Hilfe von Antidepressiva und Psychotherapie wieder gesund zu werden. Und nein: ich habe keine Verbrechen begangen!“

Sind die anderen Beklo .., äh Patienten auch depressiv?“

Ja, manche leiden zusätzlich unter chronischem Schmerz.“

Aber hier wird doch so viel gelacht und gescherzt ...“

Und es wird auch viel geweint, falls Du es nicht bemerkt haben solltest.“

Ich hatte eigentlich immer nur auf mich selbst geachtet. Oh ja, schaut auf diesen mächtigen Brustkorb und diese starken Arme! Ich bin so toll, dass sogar der Kunstlehrer ein Bild von mir macht. „Miro“, sagt das Mädel, „er ist Kunsttherapeut!“ „Therapeut“ - allein das Wort löst bei mir Krankheitsgefühle aus.

 

Freitag, 04.04.2014

AAAAAAHHHH!!! Ich wusste es! Ich wusste es doch! Ich wurde mit Depression infiziert. Mein Kopf hat die Form eines Golfballs, ich habe keinen Hals, einen gurkensauren Gesichtsausdruck und ein Tattoo mit den Worten „Ich hasse mein Leben!“.

Wo kriege ich jetzt eine Therapie her? Ich habe weder Geld noch Krankenversicherung. Ein Anruf bei der obersten Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde ergibt, dass ich mich angeblich nicht mit Depression angesteckt haben kann, weil a) Depression eine Erkrankung des Gehirns ist, das ich ja gar nicht habe und b) Depression keine ansteckende Infektionskrankheit ist. Hätte ich an deren Stelle auch behauptet – ich glaub' denen kein Wort!

Das Mädel arbeitet seelenruhig an mir weiter und berührt mich ständig mit ihren von Depressionsviren verseuchten Händen. Als ich ihr befehle, sich gefälligst die Hände zu desinfizieren, bevor sie mich anfasst, damit meine Depression nicht schlimmer wird, lacht sie nur und meint: „Miro, bisher habe ich immer geglaubt, dass Du nur egozentrisch bist. Jetzt muss ich auch noch hysterisch und dumm wie Brot hinzufügen!“

Sie empfiehlt mir, mich doch einmal näher über Depression zu informieren. Als ich weiter herummotze, nimmt sie das verbliebene Material, verstaut es in aller Ruhe in ihrem Spind und beginnt ein Bild für den Abschied einer Mitpatientin zu malen. Sie ignoriert mich und meine schwere Erkrankung!!!

Die Stehlampe meint, dass ich das Zeug zum Hypochonder habe, was immer das nun wieder sein soll. Sie fragt, ob ich evt. zu viele Anabolika geschluckt habe. Mein Oberkörper sähe sehr danach aus. Hat denn niemand Mitleid mit mir??

 

Wochenende 05.04./06.04.

Ich lasse mich von der Stehlampe überreden, trotz meiner schweren, mit Sicherheit tödlich verlaufenden Erkrankung zur Party der Tonfigurenjungs zu gehen.

Die Stehlampe ist schon eine tolle Tänzerin. Wir hatten dann richtig Spaß. Ich sehe mein Zukunft schon wieder optimistischer. Vielleicht kann ich der netten Frau, die ich für die Biologielehrerin hielt, ein paar von diesen tollen Tabletten abschwatzen. Beim Mädel scheinen die Mittel ja auch langsam Positives zu wirken. Das Hirn sieht schon mal viel aufgeräumter aus.

Die Zimmerpflanzen-Schnepfe ist auch auf der Party, was mich etwas verwundert. Ich hatte bisher ein ganz anderes Bild von ihr. Zudem ist sie ausnahmsweise richtig nett zu mir. Was doch 1-2 Cocktails bewirken können. Vielleicht sollte ich ihr öfter mal heimlich einen in die Blumenerde kippen. Jedenfalls werde ich sie jetzt doch in mein ganz privates Fotoalbum aufnehmen. Die Stehlampe macht das so glücklich, dass ihre Beleuchtungseinheit beschlägt. Ach, diese sentimentalen Weiber …

Ich hingegen bin nicht so glücklich, als ich meine wöchentliche Indexbewertung für mein Diplom von der obersten Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde bekomme. Noch schlechter als letzte Woche! Das kann doch nicht nur an meinen zwei Abmahnungen liegen. Was mache ich nur falsch?

 

Montag, 07.04.2014

Montagmorgen und das Mädel sieht grauenhaft aus, hat wohl nur 3 Stunden geschlafen. „Na, ist das denn klug, in Deinem Zustand wilde Partys zu feiern?“, tadle ich sie. „Miro, ich feiere keine Partys, ich leide an Schlafstörungen!“ Ach ja, stimmt, Depressive schlafen ja oft nicht so besonders gut.

Der Doktor verschreibt ihr ein neues Medikament. Ist das jetzt gut? Das Mädel meint, dass so etwas manchmal eben sein muss. Ich habe aber andere Patienten erlebt, die Medikamenten gegenüber sehr kritisch eingestellt sind. Das Mädel würde auch lieber ohne Medis leben, aber ohne geht es im Augenblick nicht. Ich stelle mich großmütig als Abnehmer zur Verfügung, falls sie sich es noch einmal anders überlegt (vielleicht habe ich mich doch irgendwie angesteckt …). Mädel, Stehlampe und Zimmerpflanze stöhnen kollektiv auf und wiederholen zum x-ten Mal, dass man sich mit Depression nicht anstecken kann. Ach, was wissen die schon von der delikaten Konstitution einer Klebebandfigur!

Immerhin scheint das Mädel von der Aussicht auf Schlaf so beflügelt zu sein, dass sie eine gewagte Operation an meinem Kopf in Angriff nimmt. Normalerweise bin ich ja gerne im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit, aber diese Kopf-OP macht mich nervös.Ich sehe gar nichts mehr. Was passiert da? Habe ich da etwa ein Kinn und einen Hals? Steht mir das wirklich? Ist der Kopf jetzt nicht etwas zu groß? Die Stehlampe beruhigt mich mit einem Satz, den ich auch schon von dem Kunsttherapeuten und einer Patientin gehört habe „Alles ist veränderbar!“. Stimmt, selbst der größte Pfusch konnte bisher korrigiert werden. Oh …, … ähem …, kann ich das Wort „Pfusch“ noch zurücknehmen? Mist, zu spät, die oberste Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde hat es bereits registriert. Wenn das mal nicht Abzüge in der B-Note gibt.

 

Dienstag, 08.04.2014

Fit und ausgeschlafen erscheint das Mädel an diesem Dienstag. Aus der Kunsttherapie bringt sie ganz viel Material. Aber statt es gleich zu nutzen, um mich wieder in eine ansehnliche Form zu bringen, steht sie plötzlich in Laufklamotten da … und … sie geht tatsächlich nach draußen zum Trainingslauf. Ich rufe ihr noch hinterher, dass es da draußen regnet. Nach meinen Studien ist Regen gut für Pflanzen (die wachsen dann), aber Menschen werden nur nass und riechen seltsam. Moment, das mit dem „seltsam riechen“ gilt für Hunde – kann meine eigene Handschrift nicht lesen, was vielleicht daran liegt, DASS ICH NOCH GAR KEINE HÄNDE HABE!!!!

Das Mädel kommt dann auch ziemlich nass zurück, sieht aber trotzdem glücklich und zufrieden aus. Ich will wissen, warum sie sich so etwas antut. Sie meint, dass Ausdauersport gut gegen Depression sei. Es würde jedenfalls empfohlen, regelmäßig Ausdauersport zu betreiben. Na dann …

Danach arbeitet sie fleißig an mir und tatsächlich habe ich nach einer Weile so etwas wie ein Gesicht, ein Kinn und einen Hals. Ich sehe schon weniger wie Anabolika-Fred aus. Außerdem habe ich sehr schöne Farben an Brust und Armen. Ganz zufrieden bin ich dennoch nicht mit dem Mädel, denn statt das ganze Material aufzubrauchen, hört sie plötzlich auf und verstaut das restliche Material in ihrem Spind. Ich frage sie „Was ist los, hast Du etwa noch dringende Termine?“. „Nö“, erwidert sie, „aber Rom wurde auch nicht an einem Tag gebaut.“ Also, mal ehrlich, wer interessiert sich schon für Rom? Ich bin bestimmt wichtiger als Rom. Notiz an mich selbst: herausfinden, wer oder was Rom ist.

 

Mittwoch, 09.04.2014

Ich weiß ja nicht so recht: im Profil sehe ich schon recht komisch aus. Die Kopf-OP war doch kein voller Erfolg. Meine Birne ist jetzt so riesig, insbesondere mein Hinterkopf ist so seltsam geschwollen. Und dieses Kinn … Und diese Nase. Es hat alles etwas von einer Eingeborenen-Statue im tiefsten Regenwald. Auf der anderen Seite: habe ich nicht etwas Göttliches? Die Stehlampe versucht erfolglos das Lachen zu unterdrücken, als ich ihr diese Frage stelle.

Leicht vergrätzt lasse ich meine schlechte Laune an dem Mädel aus. „Nimmst Du vielleicht nicht doch zu viele Medikamente, die Deine Persönlichkeit und Fähigkeiten versauen?“. „Der Doc weiß schon, was er macht. Und außerdem weiß jeder halbwegs informierte Zeitgenosse, dass Antidepressiva die Persönlichkeit nicht verändern. Ja, klar, es gibt schon Nebenwirkungen. Aber wenn man das richtige Medikament gefunden hat, überwiegt der Nutzen“.

Ich frage mich, ob das Mädel vielleicht doch noch nicht das richtige Medikament gefunden hat oder ob „Geschmacksverirrung“ eine der Nebenwirkungen sein könnte. Mir fällt zudem auf, dass die Patienten hier einen verdammt hohen Kekskonsum haben. Ich kann mir das nur so erklären, dass in den Keksen irgendwelche Drogen drin sind. Das Mädel geht recht oft zu einem Adligen und kommt dann mit diesen Keksen zurück, auf die sich alle Patienten stürzen (die Kekse der Klinik erfreuen sich nicht dieser Beliebtheit). Dieser Schandfleck des Adels muss dann wohl ihr Dealer sein. Dass der Adel in diesem Land so heruntergekommen ist und mit Drogen dealt, finde ich echt erschütternd.

Als ich das Mädel mit meinen Erkenntnissen konfrontiere, fällt sie vor Lachen fast vom Stuhl. Ich schaue sie streng an, bis sie sich endlich wieder einkriegt. Sie ringt nach Luft und sagt doch dann: „Natürlich ist in den Keksen eine Droge!“ „Aha“, schreie ich triumphierend, „welche widerwärtige Substanz pfeift ihr Euch denn da rein?“ Und sie sagt ganz lapidar „Zucker!“ Meine fast göttliche Kinnlade klappt herunter und ich sage nichts mehr. Später finde ich noch heraus, dass sie diese Kekse in einem Lebensmittelgeschäft mit einem sehr irreführenden Namen kauft. Der deutsche Adel ist hiermit entlastet … und ich blamiert bis auf mein innerstes Klebeband.

 

Donnerstag, 10.04.2014

Es ist manchmal schon schwer mit diesem Mädel. Dieses peinliche Benehmen …

Es fing eigentlich noch ganz gut an. Das Mädel widmete sich Ausbesserungsarbeiten und der weiteren Planung für mein Gesicht, meine Füße und Hände. Sie versprach auch nochmals wegen meiner Hüfte tätig zu werden. Und während sie darüber nachdenkt, wie sie das Hüftproblem lösen könnte, schläft sie doch glatt ein. Sie hält immer noch meine Beine fest, so dass ich dieser Peinlichkeit nicht entkommen kann.

Die anderen Patienten betrachten das unglaubliche Schauspiel mit sichtlichem Vergnügen. Einer versucht sogar, mich aus dem eisernen Griff des Mädels zu befreien – vergeblich! Was diese Pranken einmal im Griff haben, kann nicht mehr entkommen oder befreit werden. Wie lange werde ich dieser unmöglichen Situation noch ausgeliefert sein. Es ist ganz schön schwer, telepathisch zu schreien. Ich gebe alles. Meine Klebebänder sind erschöpft und ich bin bereit, mich diesem Schicksal zu ergeben. Da wacht das unwürdige Mädel endlich wieder auf.

Mit letzter Kraft flüstere ich ihr wütend zu: „Weißt Du eigentlich, wie peinlich Du bist?“ Sie schaut mich ebenso verschlafen wie fragend an. Dann klären ihre Mitpatienten sie auf. Zumindest schämt sie sich gebührend für dieses unglaubliche Verhalten. Ein schwacher Trost für meinen verletzten Stolz! Hätte ich Füße, würde ich in den Kunstraum fliehen und nie wieder in den Aufenthaltsraum zurückkehren.

 

Freitag, 11.04.2014

Oh ja, DAS ist schon viel besser. Endlich etwas, dass man Gesicht nennen kann. Mit der Hüfte habe ich immer noch Probleme und der eine Fuß bedarf auch noch einiger Arbeit, bis er richtig schön ist. Aber ja, ich fühle mich schon wie ein echter Kerl!

Das Mädel meint, dass ich schon ganz schön eingebildet sei. Sie legt Wert darauf, dass ich das nicht vor ihr habe. Wohl kaum, wenn ich auf ihr geringes Selbstvertrauen schaue. Es scheint kein generelles Wesensmerkmal der Menschen zu sein, denn bei den übrigen Patienten gibt es durchaus auch sehr selbstbewusste Persönlichkeiten. Trotzdem scheint dieses geringe Selbstvertrauen irgendwie doch weit verbreitet zu sein.

Gut, natürlich hat das Mädel jetzt nicht meine Star-Qualitäten, aber zumindest ist sie sehr strebsam und diszipliniert, obwohl doch Depressive irgendwie Weicheier sind, denen es an Disziplin und Durchhaltevermögen fehlt, oder? Die müssten sich doch einfach nur zusammenreißen, dann würden sie ihr Leben wieder auf die Reihe bekommen. Irgendwie passt das nicht so richtig zusammen. Die Stehlampe meint, dass dumme Vorurteile und Realität selten zusammenpassen. Was meint sie denn jetzt wieder damit? Welche Vorurteile?

 

Wochenende 12./13.04.2014

Ich werde dieses Wochenende nicht zur Party gehen. Viel wichtiger ist, dass ich endlich für mein Diplom arbeite. Obwohl ich immer noch nicht weiß, worum es dabei geht und worauf ich achten muss. Als das Kopfzerbrechen zu keinem Ergebnis führt, jammere ich laut vor mich hin. „Meine Indexbewertung macht mich wahnsinnig. Die wird immer schlechter statt besser. Was mache ich nur falsch? So bekomme ich nie mein Diplom!“

Die Stehlampe bekommt das mit und fragt: „Na ja, so Einiges weißt Du ja schon. Woher hast Du dieses Wissen?“

Nun, es gibt gewisse Nachschlagewerke und natürlich das Große Buch der Klebeband-Nation.“

Dann wird doch einmal einen Blick in diese Bücher.“

Das ist alles so furchtbar mühsam ...“

Miro, ich glaube ich das Rätsel Deiner schlechten Bewertung gelöst: DU BIST FAUL!!!“

Hm, da steckt wohl ein Körnchen Wahrheit drin (winzig natürlich). Mit einem tiefen Seufzer nehme ich mir das Große Buch der Klebeband-Nation vor und tatsächlich: da sind jede Menge Informationen zum Diplom. Ich muss Informationen für das Große Buch sammeln. Ja, schön und gut, aber welche? Zurück zu meiner Ratgeberin, der Stehlampe.

Vielleicht sollst Du über die Wesen berichten, die Du hier triffst“, überlegt sie, „oder es hat etwas mit diesem Ort zu tun? Gibt es in Eurem Großen Buch schon Informationen über psychotherapeutische Tageskliniken oder psychische Erkrankungen von Menschen?“

Ich muss es zugeben: die Stehlampe ist schon schlau. Das hätte ich so schnell selbst nicht gesehen. Deshalb bin ich an diesem seltsamen Ort. Deshalb hat der Meister das Mädel ausgesucht.

Und Miro“, ergänzt die Stehlampe, „Du könntest damit anfangen, unsere Namen herauszufinden, statt uns immer nur Stehlampe, Zimmerpflanze und Mädel zu nennen.“

Pfffff, lächerlich, das interessiert das Große Buch nicht!“

Interessiert es denn wenigstens Dich ein wenig?“

Nö, nicht wirklich.“

Das könnte auch Teil Deines Problems sein.“

Wie jetzt?“

Du bist egozentrisch, interessierst Dich überhaupt nicht für andere Wesen.“

Ist das mit den Namen denn so wichtig?“

Hey, wie würde es Dir gefallen, wenn ich Dich immer nur Klebeband-Typ nenne?“

Hm, nein, das würde mich nicht gefallen, aber das kann ich jetzt gerade nicht zugeben. Also schweige ich und versuche möglichst cool zu wirken.

Und Deine Einstellung zu Frauen bedarf auch einer Überarbeitung, Klebeband-Macho!“

Das hat gesessen. Aber natürlich bin ich viel zu stolz, sie jetzt nach ihrem Namen zu fragen. Ich brauche einen Plan. Aber zuerst muss ich „egozentrisch“, „Macho“ und „Frauen“ im Großen Buch nachschlagen.

Montag, 14.04.2014

Das Mädel sortiert ihre Unterlagen aus der Gruppentherapie. Was man da wohl so macht? So viele Patienten zwangsweise in einem Raum … gruselig … Aber irgendwie bin ich jetzt doch neugierig. Ich beschließe daher, das Mädel zu befragen.

Was macht ihr da eigentlich in Eurer Gruppentherapie?“

Regelmäßig machen wir eine Achtsamkeitsübung. Dann sprechen wir über Themen wie „Gedanken als Werkzeuge“ (ja, die Gedanken des Mädels sind oft der Hammer ...) und dann gibt es da noch die Lobe-Runde.“

Verstehe, in der Lobe-Runde lobt Ihr Eure Therapeutin dafür, dass sie Euer Gejammer so tapfer erträgt und nicht einfach desertiert.“

Nein, wir sollen uns selbst loben für Dinge, die wir geschafft haben.“

Ich falle fast vom Tisch in einem Anfall unkontrollierbaren Lachens. Sich selbst loben ist ja schon eine komische Idee, aber beim Mädel wird dieser Gedanke abstrus.

Wofür wollt Ihr Euch denn loben?“

Mir fällt da mittlerweile schon etwas ein. Anfangs fiel es mir schwer, weil mir die Idee fremd war – so wie sie Dir fremd ist. Und wahrscheinlich immer fremd bleiben wird.“

Würde ich jetzt nicht sagen: ich kann mich täglich bestimmt fünf Mal für etwas loben – ich bin nun einmal eine Lichtgestalt. Aber bei Dir sehe ich nun wirklich nichts Lobenswertes“

Gespräche mit Dir, lieber Miro, sind immer wieder eine Quelle der Inspiration. Jetzt kann ich mich dafür loben, dass ich Dich nicht direkt in den Papierkorb befördere.“

Mir gefällt der Blick des Mädels gar nicht. Es wird mir etwas heiß unter dem Klebeband. Daher lenke ich die Unterhaltung geschickt in eine andere Richtung.

Zum Thema „Inspiration“: mein Bericht über Depression an die obersten Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde wird Dich bestimmt ganz besonders inspirieren!“

Stirnrunzelnd liest sie das Fazit meines Berichts langsam und mit einem seltsamen Unterton vor: Depression ist keine Erkrankung im eigentlichen Sinne sondern eine Schwäche des Charakters. Medikamente versuchen diese Willens- und Charakterschwäche auszugleichen. Die Gesprächstherapie und die übrigen Behandlungsmethoden sind nur dann geeignet, wenn sie die Botschaft vermitteln 'Nun reiß Dich zusammen, Du Jammerlappen.' Es hilft sicherlich, hier einen gewissen Druck aufzubauen. Das Leben ist nun mal kein Ponyhof.“

Das Mädel empfiehlt mir nachdrücklich, meinen genialen Bericht grundlegend zu überarbeiten. Ich solle die Unterlagen aus der Psychoedukation nochmals sorgfältig lesen. Da kann ich nur sagen: wieso „nochmals“? Den Kram habe ich noch nie gelesen. Meinen Bericht überarbeiten? Niemals! Perfektion sollte man nie überarbeiten!

 

Dienstag, 15.04.2014

Habe heute extrem schlechte Laune. Das Mädel kommt fröhlich herein und begrüßt mich mit unerträglichem Elan. Sie bemerkt schließlich meine schlechte Laune und sagt „Na, da hat jemand wohl nicht auf mich gehört und den Bericht natürlich nicht überarbeitet.“

Als ob ich auf das Gewäsch eines Mädels hören würde. Auf das Urteil der Stehlampe gebe ich viel mehr, aber die spricht ja nicht mit mir, bis ich sie mit ihrem Namen ansprechen kann. Gänzlich unverständlich ist mir, dass die oberste Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde meinen Bericht mit der Bemerkung zurückschickt 'widerspricht allen bisher vorliegenden Informationen. Bitte benenne die Quellen Deiner Erkenntnisse.' Als ich mitteile, dass das Ganze auf meinen höchstpersönlichen Beobachtungen beruht, kommt ein Lapidares „Dann schau nochmal genauer hin!“ zurück.

Zum Mittagessen isst das Mädel wieder etwas, dass eher für Kaninchen geeignet erscheint. Sie nennt das „gesunde Ernährung“ und glaubt, dass das auch gut gegen Depression sein könnte. Ich glaube eher, dass sie irgendwann lange, flauschige Ohren davon bekommt. Aber das ist dann ihr Problem. Sie muss ihre „Kaninchen-Diät“ für einen Termin beim Doktor unterbrechen. Als sie zurückkommt, will ich wissen, ob sie neue Tabletten bekommen hat. „Nee“, sagt sie, „wir haben über meinen Entlassungstermin gesprochen.“ Ich kann den Doktor gut verstehen: so ein Mädel kann niemand auf Dauer ertragen. Und er hat sie ja schon so lange ertragen müssen, noch länger als ich sogar. Dafür müsste es eigentlich einen Orden geben.

Ich hoffe nur, dass sie die Arbeit an mir ordentlich vollendet. Eigentlich müsste ich beim Entlassungstermin ein Mitspracherecht haben. Ich versuche dem Doktor das zu erläutern, aber er versteht kein Klebebändisch. Und dann meint er auch noch, ich sei ein ganz niedliches Kerlchen geworden. Unverschämtheit! Hätte er einen Orden, würde ich den jetzt sofort zurückverlangen. ICH BIN NICHT NIEDLICH UND ERST RECHT KEIN KERLCHEN!!!

 

Mittwoch, 16.04.2014

Das Mädel hat heute in der Visite ein Stück Papier bekommen, das irgendetwas damit zu tun hat, was Patienten hier gelegentlich als „auswildern“ bezeichnen. Das Mädel wird nun also bald entlassen. Das Papier ist für ihren Arbeitgeber bestimmt - irgendwas mit Hamburger Modell? Verstehe nicht ganz, was fettige Burger damit zu tun haben könnten. Arbeitet das Mädel vielleicht in einer Frittenbude? Jedenfalls wird es Zeit, mir mein endgültiges Aussehen zu geben, um dann noch letzte Abschlussarbeiten vornehmen zu können.

Sie konzentriert sich dann auch gleich auf die Gestaltung meines Gesichts. Mit ihrer Arbeit bin ich nur teilweise zufrieden. Der Dreitagebart ist schon mal genehmigt, aber der Gesichtsausdruck ist überarbeitungsbedürftig. Und vielleicht auch die Mundpartie. Ich möchte doch viel cooler aussehen. Oder gefährlicher. Nicht das am Ende wieder dieser Doktor kommt und mich ein 'niedliches Kerlchen' schimpft. Wie wäre es denn mit der einen oder anderen Narbe im Gesicht? So wie ich jetzt aussehe, habe ich so eine Art „Weichei-Image“. Das gefällt mir gar nicht und passt auch nicht zu meinem Charakter. Von der Stehlampe höre ich aus dem Hintergrund ein verächtliches „Pfffff“, mehr sagt sie nicht, denn sie weigert sich ja mit mir zu reden.

Mit diesem Aussehen kann ich jedenfalls nie die Tonfigurenjungs beeindrucken. Wenn ich da Chef werden will, muss ich schon verwegener aussehen. Das Mädel will wissen, warum ich denn ausgerechnet Chef der Tonfiguren werden will.Was für eine Frage? Wenn ich endlich eine Führungsposition einnehme, dann komme ich meinem Diplom ein großes Stück näher. Das Mädel äußert Zweifel, aber was weiß die schon … wir werden ja sehen ...

 

Donnerstag, 17.04.2014

Heute große Grundsatzdiskussion mit dem Mädel:wer von uns Beiden bestimmt hier mein Aussehen? Wer gibt die Richtung vor? Sie meint doch ernsthaft, dass sie das bestimmen kann. Lächerlich! Woher hat sie nur solche abstrusen Ideen? Ich versuche ihr klar zu machen, dass sie nur im Auftrag des Klebebandfiguren-Meisters arbeitet und der hat ganz andere Pläne mit mir. Daraufhin folgt diese Diskussion:

Also, Euer Meister hat andere Pläne mit Dir. Woher hast Du diese Weisheit? Aus dem Großen Buch?“

Na ja, nicht so direkt, aber es ist doch einfach nur logisch.“

Warum ist es logisch, dass Du aussehen sollst wie ein Schwerverbrecher.“

Nicht Schwerverbrecher, FÜHRUNGSKRAFT, Du dumme Nuss!“

Miro, wenn ich Dich nach Deinen Vorgaben gestalte, siehst Du aus wie ein Schwerverbrecher. Führungskräfte haben keine grässlichen Narben und Zahnlücken und bestimmt nicht so einen finsteren Gesichtsausdruck.“

Woher willst Du denn wissen, wie Führungskräfte der Klebeband-Nation aussehen?“

Das weiß ich natürlich nicht, aber Du bist jetzt in unserer Welt und daher gestalte ich Dich nach unseren Regeln. Ende der Diskussion!“

Es ist unglaublich, was sich dieses Mädel herausnimmt. Ich habe immer gedacht, Depressive hätten keinen eigenen Willen. Die Tabletten wirken offensichtlich viel zu gut. Ich strafe das Mädel mit dem großen Schweigen. Ich bin einfach nur sauer. Aber das ist so verdammt schwer mit diesem Strahlemann-Gesicht!

 

Wochenende 18.04. - 20.04.2014 (Ostern)

Dieses Wochenende ist ausgesprochen öde. Am Freitag sind das Mädel und ihre Mitpatienten wegen eines Feiertags nicht in der Klinik. Ich hänge hier allein herum, kann das Mädel nicht herumkommandieren. Die Stehlampe spricht nicht mit mir, bis ich sie mit ihrem Namen anspreche und ich denke ja gar nicht daran, sie nach ihrem Namen zu fragen.

Sogar die Party der Tonfigurenjungs kann mich nicht in bessere Stimmung bringen. Von meiner Indexbewertung will ich gar nicht anfangen: Desaster ist das einzige Wort, das hier passend wäre.

Verloren und ratlos sitze ich auf der Party herum, als mich eine recht attraktive Tonfigur anspricht. Ich erkläre meine gesammelten Schwierigkeiten. Sie überlegt eine Weile und meint dann, dass Stolz an sich ja nichts Schlechtes ist, aber übertreiben sollte man es auch nicht. Sie empfiehlt mir, den Namen der Stehlampe auf anderem Weg herauszufinden, wenn ich schon nicht direkt fragen will. Und sie meint auch, dass ich das mit dem „wilden“ Aussehen vergessen soll: es würde mir bestimmt nicht stehen und könnte mich eher weiter weg als näher zu meinem Diplom bringen. Hmmmm … Zeit für weitere Studien im Großen Buch!

 

Montag, 21.04.2014

Ich habe einen Plan und den muss ich gleich umsetzen. Ich nehme meinen ganzen Mut (und Charme - Mädchen mögen das, sagt das Große Buch) zusammen und spreche die Zimmerpflanze an: „Hallo, wie geht es Dir?“ Sie schaut mich überrascht an und fragt leicht verwirrt: „Das interessiert DICH? Ist alles in Ordnung bei Dir oder wirkt die Kopf-OP noch nach?“ Das ist so typisch für diese %$&%%§ (Anmerkung der Übersetzerin: DAS kann und will ich nicht übersetzen). Am liebsten hätte ich ihr die Blätter gestutzt, aber dieser Aufenthaltsraum ist frei von gefährlichen Gegenständen, außerdem musste ich mich an meinen Plan halten.

Ich atme also tief durch und überwinde mich zu weiterer Freundlichkeit: „Ja, aber sicher doch. Und nicht nur wegen der Kopf-OP, alles in Ordnung so weit. Ich würde auch gern wissen, wie Du heißt. Mein Name ist Miro.“ Ihre Blätter scheinen kurz aufzuleuchten. „Ich heiße Verda und wenn ich ehrlich bin: es geht mir gar nicht gut.“

Oh, dann hast Du Dich vielleicht mit Depression oder irgendeiner anderen psychischen Erkrankung angesteckt?“ Sie lacht kurz und wieder ist da dieses Leuchten ihrer Blätter. „Ach, Miro, Du mit Deinen fixen Ideen. Glaub' es mir: Depression und andere psychische Erkrankungen sind keine Infektionskrankheiten! Gute und schlechte Laune können dagegen schon ansteckend sein.“ „Ja“, antworte ich leicht verwirrt, „sind denn schlechte Laune und Depression nicht das Gleiche.“ Sie erläutert mir ausführlich die Unterschiede. Ich bin von ihrem Wissen tief beeindruckt Nebenbei erfahre ich auch noch den Namen der Stehlampe – sie heißt Luza, ein wirklich schöner Name.

Dann fällt mir wieder ein, dass sie gesagt hat, es gehe ihr nicht gut. Und seltsamerweise will ich jetzt doch wissen, warum das so ist. Eigentlich war mein Plan ja nur ihren Namen und den Namen der Stehlampe herauszufinden. Also frage ich nach. Sie seufzt tief und sagt „Ich wäre so gern draußen im Freien, im Licht, zusammen mit anderen Pflanzen. Ich bin schon mein ganzes Leben hier eingesperrt und so einsam.“ Plötzlich spüre ich etwas ganz Seltsames in meinem Brustkorb. Ich bin zutiefst verwirrt und ein wenig besorgt (könnten das Vorboten eines Herzinfarkts sein?). Trotzdem unterhalte ich mich noch eine Weile mit Verda und stelle fest, dass sie wirklich eine richtig nettes Wesen ist, auch ohne Cocktails in der Blumenerde.

 

Dienstag, 22.04.2014

Die Feiertage sind vorbei. Mädel und Mitpatienten bevölkern wieder den Aufenthaltsraum und bringen Leben in die Bude. Ich habe mich mit Luza ausgesöhnt. Das Leben könnte also nicht besser sein, bis auf meine kleinen Wünsche bezüglich meines Aussehens. Ich versuche dem Mädel wieder und wieder wenigstens ein Piercing oder eine kleine Narbe aus dem Kreuz zu leiern, aber sie bleibt eisern.

Ich beklage mich bei Luza, aber auch sie stimmt dem Mädel zu. Auch Verda nickt zustimmend. Hmmm, jetzt sind es schon vier (die attraktive Tonfigur, das Mädel, Luza und Verda), die gegen den Gangster-Look sind. Vielleicht bringt mich das in der Tat meinem Diplom nicht ein bisschen näher. Mein Bericht auf der Grundlage meiner Unterhaltung mit Verda kam dagegen ziemlich gut an bei der obersten Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde. Mich stört dabei nur, dass darin meine eigenen Überlegungen wenig Raum einnehmen.

Mit Luza sprehe ich auch über den seltsamen Schmerz, den ich am Vortag beim Gespräch mit Verda plötzlich in der Brust fühlte. Sie meint, das sei wohl „Mitgefühl“ gewesen und sieht das sehr positiv für meine Entwicklung. Meine Begeisterung für dieses „Mitgefühl“ hält sich in Grenzen: es ist unangenehm und schmerzhaft.

Das Mädel hat sich am Nachmittag dann doch erbarmt und versucht, ein Basecap für mich zu basteln. Betonung liegt hier auf „versucht“. Das Ding sieht recht komisch aus und in keinster Weise wie ein Basecap. Im Abgangszeugnis würde es dafür ein „hat sich stets bemüht ...“.

 

Mittwoch, 23.04.2014

An diesem Mittwoch muss ich dann doch noch meine Kritik an dem Mädel loswerden. Schön und gut, dass sie sich bemüht, aber das reicht nicht aus. Ich sage ihr daher: „Du weißt schon, wie ein richtiges Basecap im richtigen Leben aussieht, oder?“ „Ja, ich weiß, dass das noch nicht optimal ist. Aber es ist nicht ganz so einfach, so etwas mit Klebeband zu modellieren.“ Ausreden, nichts als Ausreden.

Luza meint, dass ich das Mädel zu sehr kritisiere. Ich müsse doch auch berücksichtigen, dass sie immerhin krank sei und so etwas sicherlich zum ersten Mal mache. Da sollte ich schon etwas verständnisvoller sein und sie mehr loben. Ich sehe das anders. Wenn ich sie lobe, bekommt sie nur ein unrealistisches Bild ihrer Fähigkeiten. Und wieso krank? Sie ist doch putzmunter. Luza meint, dass ich das mit der Depression immer noch nicht richtig kapiert habe. Sie kritisiert doch tatsächlich meine Auffassungsgabe.

Hmmm, vielleicht sollte ich das Mädel doch mehr als Forschungsobjekt sehen. Ich schlage in meinen Notizen nach. Da steht, dass Depression eine Erkrankung des Gehirns ist. Vielleicht sollte ich mir das Hirn des Mädels näher ansehen. Und tatsächlich: ihr Hirn ist total hässlich und faltig. Sie muss wirklich schwer krank sein. So wie das aussieht, ist sie wahrscheinlich unheilbar krank. Na hoffentlich schafft sie es noch, mich als Projekt zu einem guten Ende zu bringen.

 

Donnerstag, 24.04.2014

Habe die ganze Nacht über das Problem des Mädels nachgedacht und doch noch eine Lösung gefunden. Manchmal ist dieses seltsame Fernsehprogramm der Menschen doch zu etwas gut. Meistens ist es einfach nur nervig, weil 100.000 Mal das gleiche Produkt beworben wird, dass ich nie im Leben kaufen werde. Kapieren die das nicht?

Jedenfalls kann ich es gar nicht abwarten, bis das Mädel endlich eintrifft, damit ich ihr meine bahnbrechende Behandlungsmethode vorstellen kann. Endlich kommt sie angeschlurft.

Hör' mal her, Mädel, ich habe endlich den wahren Grund für Deine Depression und einen völlig neuen Behandlungsansatz gefunden!“

Ich bin schon ganz aufgeregt.“ entgegnet sie in einem seltsamen Tonfall (ist das etwa Sarkasmus?)

Also, wenn Ihr Menschen alt werdet, dann bekommt Ihr diese grässlichen Falten im Gesicht. Ich habe mir Dein Gehirn angesehen und das ist ja so was von faltig. Richtig schlimm! Das bedeutet, dass Dein Gehirn vorzeitig gealtert ist und genau da liegt Dein Problem. Wir müssen also nur eine Hirntransplantation vornehmen und alles ist wieder gut. Wir müssen jetzt nur so eine Hilfskraft finden, die uns ein neues Hirn besorgt.“

Miro, alle menschlichen Gehirne sind faltig. Schau' doch mal im Internet nach. Ich gebe Dir 2 Pluspunkte für Originalität, 3 Minuspunkte für die schlampige Recherche und 5 Pluspunkte für Deine Fürsorge!“

Ich muss doch dafür sorgen, dass Du mich und meine Ausstattung ordentlich zu Ende modellieren kannst.“

Und schon sind die 5 Pluspunkte wieder futsch.“

Ein Blick ins Internet zeigt, dass das Mädel ausnahmsweise richtig liegt. Oh Mann, sind diese Hirne hässlich! Gut, dass da ein Schädel den direkten Anblick verhindert. Aber was ist eigentlich mit den Haaren des Mädels? Da besteht eindeutig Verbesserungsbedarf, wenn ich das mit den anderen Menschenmädels vergleiche. Sie soll was mit ihren Haaren machen, dann regelt sich das mit der Depression wie von selbst. Ich bin so genial!

 

Freitag, 25.04.2014

Schade! Nach einem längeren Gespräch mit Luza und Verda muss ich die „Haar-Theorie“ offiziell als gestorben bezeichnen. Es hat nichts mit den Haaren sondern etwas mit Neurotransmittern zu tun. Seltsam finde ich trotzdem, dass die Patienten unterschiedliche Medikamente nehmen. Auch das Mädel hat schon diverse Medikamente ausprobiert. Da scheint wohl tatsächlich ein großes Problem der Behandlung zu liegen. Niemand kann mit Sicherheit sagen, welches Medikament für den einzelnen Patienten in welcher Dosierung die beste Wirkung bringt. Auch das mit den Nebenwirkungen ist sehr unterschiedlich. Es ist doch alles viel komplizierter als ich glaubte. Luza und Verda geben mir für diese Einsicht 10 Pluspunkte.

Das Mädel verbringt die Mittagspause in der Klinik und bastelt an mir herum. Wir sind uns einig (ja, tatsächlich: auch das passiert schon mal), dass meine Hüfte immer noch eine Problemzone ist. Damit kann ich mich noch glücklich schätzen, denn beim Mädel gibt es mehr als eine Problemzone, aber das behalte ich lieber für mich.

Ich bin schon sehr gespannt auf meine nächste Bewertung für das Diplom. Nachdem ich in dieser Woche wirklich hart gearbeitet habe, hoffe ich, dass es für mich auch endlich vorwärts geht. Wenn nicht, dann weiß ich wirklich nicht mehr weiter. Ich muss zugeben (ungern natürlich), dass ich ganz schön nervös bin.

 

Wochenende 26.04. - 27.04.2014

Der Wahnsinn: ich habe endlich deutliche Fortschritte gemacht: ich habe jetzt 75 von 100 erforderlichen Punkten für mein Diplom!! Ich bin so glücklich. Luza und Verda beglückwünschen mich und sagen, dass ich den Rest auch noch schaffen werde. Das wäre ja auch besonders wichtig für unsere Kommunikation, meinen sie. Ich kapiere nicht, warum DAS nun das Wichtigste an dem Diplom sein soll, als Luza sagt: „Na, Anne wird Dich sicher mitnehmen, wenn sie entlassen wird. Ihre Bilder aus der Kunsttherapie wird sie ja auch mitnehmen. Und um weiter mit uns telepathisch kommunzieren zu können, brauchst Du doch das Diplom, oder etwa nicht?“

Stimmt, laut dem Großen Buch kann ich ohne Diplom nur innerhalb dieses Gebäudes telepathisch kommunizieren.

Mir wird plötzlich ganz klamm um mein kleines Klebebandherz. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. Mit dem Mädel und ihrem sicherlich seltsamen Ehemann in einer Ein-Raum-Wohnung in einem üblen Berliner Kiez leben? Am Ende ist die auch noch tapeziert mit den Werken des Mädels. Was für eine Vorstellung des Grauens.

Was soll ich nur tun? „Ganz ruhig, Miro,“ sage ich mir, „was würde eine Führungskraft tun? Klar, delegieren!“ Ich wende mich an Luza:

Luza, Du verstehst Dich doch so prächtig auf Mädchen-Bla-Bla. Ich, als Führungskraft, wäre Dir daher sehr dankbar, wenn Du mit dem Mädel sprechen würdest, um ihr klar zu machen, dass ich unbedingt hier in der Klinik bleiben muss.“

Oh nein, mein lieber Miro. So läuft das nicht. Zum einen spricht das Mädel kein Stehlämpisch und ich kein Menschisch. Zum anderen ist das eine Kernaufgabe, die Du als Führungskraft nicht delegieren kannst. Und vergiss das mit dem „Mädchen-Bla-Bla“ ganz schnell, Macho!“ Verda wirft noch ein: Und hör auf mit Deinen Katastrophenszenarien! Du weißt doch gar nichts über die Wohnung des Mädels und ihren Ehemann. Und stell' Dich nicht so an! Erkläre ihr einfach, warum Du hier bleiben willst. Und gut!“

Das mit der Führungskraft hatte ich mir anders vorgestellt. Wozu ist man Führungskraft, wenn man die unangenehmen Jobs nicht an andere abdrücken kann? Und von wegen einfach: sie wird bestimmt ganz wütend werden und blutunterlaufene Augen bekommen. Oder noch schlimmer: sie heult los und setzt mein Klebeband unter Wasser … Ach, am besten vertage ich das auf morgen.

 

Montag, 28.04.2014

Klebstoff! Sie rückt mir mit Klebstoff zu Leibe. Sie meint, dass mein Klebeband ganz schön zerfleddert aussieht. Ja, natürlich, weil ich die ganze Nacht nicht schlafen konnte. Ständig musste ich darüber nachdenken, wie ich ihr das mit unseren getrennten Wegen am besten beibringen kann. Da kann so ein Klebeband schon mal Spann- und Klebekraft verlieren.

Ich mache mir allerdings Sorgen, dass dieser Klebstoff schädlich für meine delikate Gesundheit sein könnte. Oder am Ende unter verbotene Substanzen fällt – dann kassiere ich wieder eine Abmahnung und kann das Diplom endgültig abschreiben. Ich erbitte mir daher Aufschub, um das mit der obersten Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde zu klären. Sie zuckt mit den Schultern und geht zur Gruppentherapie. Keine Antwort von der Behörde. Mädel geht in die Mittagspause – ich warte.

Dann endlich die Antwort: keine Bedenken! Das Mädel ist ewig in der Mittagspause. Als sie endlich zurückkommt, mosere ich herum „Wo zum Teufel warst Du denn so lange. Es gibt noch so viel zu tun! Nun mach mal hinne!“ Sie meint nur „Hetz' mich nicht!“ Und dann verschwindet sie zur Bewegungstherapie.

Sie kommt zurück und ich grummle vor mich hin: „Dass Du es jetzt nicht wagst, einfach so nach Hause zu gehen, ohne Dich um mein verfleddertes Klebeband zu kümmern.“ Sie nörgelt irgendwas von „erst nicht in die Puschen kommen und dann herumstressen“. Ich ignoriere das mal. Ein Mitpatient beobachtet ihre akribische Arbeit und meint dann, ob sie das Basecap nicht mittels einer Nagelpistole befestigen wolle. MIT EINER NAGELPISTOLE?? Will der mich umbringen? Das Mädel meint, dass würde wohl nicht viel bringen, weil meine Birne zu weich ist. Was man sich hier so alles anhören muss!

 

Dienstag, 29.04.2014

Der Tage der Hüft-OP ist gekommen. Die anderen Patienten zeigen fast alle großes Interesse für meine Entwicklung und werden nicht müde, das Mädel ständig auf neue Baustellen und Verbesserungsmöglichkeiten hinzuweisen. Manche machen das sehr diskret und sehr nett, andere wählen für ihre Mitteilungen eine eher krasse Ausdrucksweise. Das Mädel hört sich immer alles sehr geduldig an und übernimmt auch viele Vorschläge. Wie sie diese Geduld aufbringt, ist mir ein Rätsel. Ich wäre schon längst ausgeflippt und hätte diese Besserwisser vom Hof gejagt. Das Mädel lacht und meint, dass man doch nicht gleich so gewalttätig werden muss. Man kann auch Vorschläge mit einem freundlichen Lächeln annehmen und dann einfach machen, was man selbst für das Beste hält. Dann fügt sie hinzu, dass sie das jetzt nur irgendwie in ihrem Job so umsetzen müsse, dann wären die meisten Probleme fast gelöst. Ich weiß immer noch nicht, welcher Tätigkeit das Mädel eigentlich nachgeht. Sie redet nie darüber und auf Nachfragen sagt sie nur, dass das kein gutes Thema sei. Ich könnte vor Neugier platzen.

Luza und Verda können sich bei der Vorstellung, wie ich Zwerg die Patienten durch die Gegend jage, kaum noch einkriegen vor Lachen. Und selbst ich muss bei dieser Vorstellung schmunzeln: das würde bestimmt total abgefahren aussehen. Die Mädels meinen, dass ich damit einen weiteren wichtigen Schritt Richtung Diplom gemacht habe: ich kann über mich selbst lachen! Da könnte was dran sein, denn ich habe schon öfter gehört, wie wichtig Humor und Lachen sind.

Eigentlich wollte ich mit dem Mädel darüber sprechen, dass ich nicht mit ihr kommen werde, wenn sie entlassen wird. Aber nachdem sie diese Hüft-OP so toll gemacht hat und so stolz war, dass ich endlich auf eigenen Füßen stehen kann, schien es einfach nicht der richtige Moment zu sein. Dann vielleicht doch besser morgen.

 

Mittwoch, 30.04.2014

Heute liegt mal wieder Spannung in der Luft. Der Chefarzt leitet die Visite. Ich verstehe nicht ganz, wo da das Problem liegt. Ist doch schön, wenn sich der Chef so für seine Schäfchen interessiert. Und er ist doch wirklich auch sehr nett und freundlich. Das Mädel meint, dass er für die Patienten ein Fremder sei. Mit dem Doc und den Therapeuten sind alle sehr vertraut. Na ja, und Chef ist halt Chef und bei vielen Patienten ist „Chef“ nicht positiv besetzt. Anscheinend bei dem Mädel auch nicht. Dem muss ich natürlich auf den Grund gehen:

Sag' mal, kann es sein, dass Du Probleme im Umgang mit Deinen Chefs hattest“

Mit meinen direkten Chefs gab es keinen Streit oder Auseinandersetzungen. Aber es ist eben so, dass Chefs ihre eigenen Ziele verfolgen, die meist nicht meine Ziele sind. Und wenn Du nicht höllisch aufpasst, dann bleibt von Deinem Leben aus lauter Fremdziel-Erfüllung nichts mehr übrig. Aus Sicht eines Chefs ist doch alles immer einfach – er muss es ja auch nicht selbst machen und hat keine Ahnung von den Schwierigkeiten der Detailarbeit.“

Du hast mir immer noch nicht gesagt, wo Du arbeitest und was Du da genau machst. Warum sprichst Du nie darüber?“

Weil es langweilig ist, ich nicht daran denken will und erst recht nicht darüber reden will. Ich sage Dir nur: das Leben ist immer nur gut, wenn der Chef Dir fern bleibt. Und uns Patienten erinnert der Chefarzt viel zu sehr an Chef. Und da setzt dann oft eine natürliche Abwehrreaktion aus. Das kann man gar nicht willentlich kontrollieren. Ist halt so ein Bauchgefühl!“

Und mehr sagt sie zu diesem Thema nicht, so sehr ich auch insistiere. Das ist schon seltsam. Aber wenigstens scheint sie heute mit dem Chefarzt kein größeres Problem zu haben. Sie ist tiefenentspannt. Oder liegt es daran, dass sie bald entlassen wird? Ach herrje, da ist ja wieder DIESES Thema.

Aber ich kann das heute nicht ansprechen: das Mädel hat ein total cooles Basecap hinbekommen. Und dann diese wunderbare Gestaltung meiner Füße. Sie sehen schick aus und ich kann jetzt noch besser stehen. Ich bringe es einfach nicht über mein Klebebandherz ihr zu sagen, dass ich nicht mit ihr die Klinik verlassen will. Vielleicht morgen.

 

Donnerstag, 01.05.2014

Mist, heute kann ich es ihr gar nicht sagen.

Es ist Feiertag. Menschen haben seltsame Bezeichnungen für ihre Feiertage – Tag der Arbeit und keiner arbeitet. Was soll denn das? Müsste das nicht „Tag des Müßiggangs“ heißen. Ich finde Menschen wirklich oberseltsam. Was man da auch so im Fernsehen zu sehen bekommt, besonders nachmittags, obwohl … abends wird es manchmal noch schlimmer … Talkshows, Nachrichten, die eigentlich immer schlecht sind.

Und auch hier in der Klinik ist ja nicht immer einfach. Da gibt es auch regelmäßig Konflikte zwischen den Patienten. Das Mädel meint, dass das zum Lernprozess gehöre und dass das den Aufenthalt in der Tagesklinik auch noch mal von der ambulanten Therapie / dem normalen Leben unterscheide: man muss sich hier mit anderen Menschen auseinandersetzen und arrangieren, hat aber dennoch einen ziemlich gut geschützten Raum dafür. Na, vielen Dank, ich will ja gar nicht wissen, wie es außerhalb „dieses Geheges“ so zugeht.

Ach ja, darüber muss ich noch mit dem Mädel sprechen. Und ich muss es morgen machen. Ich muss mich endlich dazu durchringen. Wie wird sie wohl reagieren? Ich bin so nervös.

 

Freitag, 02.05.2014

Das Mädel hat es tatsächlich geschafft, mein cooles Basecap ordentlich zu befestigen und das ohne NAGELPISTOLE (große Erleichterung meinerseits). Auch mein Klebeband ist jetzt überall ordentlich und langfristig verarbeitet: da fleddert nichts mehr. Das Mädel erklärt die Arbeit an mir als endgültig beendet.

JETZT ODER NIE!!“ rufen mir Luza und Verda zu. Sie haben ja recht: ich muss jetzt dieses leidige Thema mit dem Mädel aufnehmen. Ich atme tief durch und ringe mich zu folgendem Gespräch durch:

Ähem, sag' mal Mädel, Du wohnst ja auf sehr engem Raum mit Deinem Ehemann. Das ist sicher nicht immer leicht ...“

Nein, das kann man eigentlich so nicht sagen. Die Wohnung ist für zwei Personen schon ordentlich groß. Ist jetzt keine Luxushütte, aber viele Leute wären froh, wenn sie so viel Platz hätten.“

Ach, Ihr wohnt nicht in einer Ein-Raum-Wohnung?“

Nein, wie kommst Du denn auf DIE Idee?“

Ja, also ich, hmm, wie drücke ich es diplomatisch aus. Also, ich, äh … ich glaube ja nicht, dass Dein Mann mich besonders gut leiden kann.“

Ganz im Gegenteil: er hat Bilder von Dir gesehen und findet Dich total cool!“

Ach, wirklich? Ist ja toll! Nun, aber ich, ähm, … also ich … ja, ich glaube, dass so ein Leben in einem Zwei-Personen-Haushalt … nun, wie so soll ich es sagen? - schlecht für meine Klebebänder ist. Die oberste Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde sagt das auch.“

Ach, Miro, jetzt verstehe ich, was das ganze Gestammel soll. Du möchtest mir sagen, dass Du lieber hier in der Klinik bleiben willst.“

Ja, irgendwie schon, aber nicht so direkt. Du darfst jetzt bitte nicht beleidigt sein oder gewalttätig werden oder losheulen...“

Ganz ruhig, Miro, ich hatte nie vor, Dich mit nach Hause zu nehmen. Du gehörst ganz klar hierher. Schließlich wurdest Du auch aus Material erschaffen, dass der Klinik gehört.“

Ich bin so was von erleichtert! Hätte ich es gleich angesprochen, wäre meine Woche viel angenehmer gelaufen. Ich lerne daraus, dass es wirklich besser ist, seine Wünsche klar und deutlich zu äußern. Damit erspart man sich so viel. Diese ganzen Katastrophen-Szenarien haben mir so viel Schlaf und Energie geraubt. Und das war am Ende mehr als flüssig, nämlich überflüssig.

 

Wochenende 03.05. - 04.05.2014

Die Wochenend-Party der Tonfigurenjungs kennt nur ein Thema: mein Diplom und ob ich es wohl endlich geschafft habe. Toll, als ob ich nicht schon nervös genug wäre. Gut, dass das Mädel mir keine Fingernägel modelliert hat: die wären nämlich jetzt sowieso abgekaut.

Endlich eine Nachricht von der obersten Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde. Ich habe 90 der erforderlichen 100 Punkte erreicht. Mist!!! Die Partygäste überbieten sich gegenseitig mit mehr oder weniger wertvollen Tipps, wie ich die restlichen 10 Punkte bekommen könnte. Mir wird fast schwindelig und ich bekomme Ohrensausen. Luza und Verda meinen, dass ich noch mehr an mir arbeiten müsse, um endlich erwachsener zu handeln. Die Tonfigurenjungs raten mir dazu, noch cooler zu werden. Ich überlege mir, dass es irgendetwas mit dem Mädel zu tun haben muss, denn wer könnte cooler und erwachsener sein als ich. Kaum spreche ich das Offensichtliche laut aus, bricht die Hölle los:

Tonfigurenjungs: “Klar, es war richtig cool, als Du Dir fast ins Klebeband gemacht hast, weil Du geglaubt hast, Du hättest Dich mit Depression angesteckt.“

Luza: “Ja, und wie Du Dich vor dem Gespräch mit Anne über Deinen Verbleib in der Klinik drücken wolltest - richtig erwachsen.“

Verda: “Genauso erwachsen wie die Sorgfalt bei Deinen Studien zu psychischen Erkrankung der Menschen.“

Ich habe nun wirklich keine Lust, mir noch mehr unbegründete Kritik anzuhören. Ich bleibe bei meiner Theorie, dass es mit dem Mädel zu tun haben muss. Es gibt doch noch so viel über sie herauszufinden. Oder sie mit meinen wertvollen Hinweisen in ihrer Entwicklung weiterzubringen. Luza und Verda meinen, dass meine Hilfe eher zu einem verlängerten Klinikaufenthalt des Mädels führen könnte. Und wenn schon: ist doch hübsch hier. “HÜBSCH? In dieser Klinik bleiben zu müssen - hübsch? Erzähl' das mal, Anne“, meint Luza, “ich wollte schon immer sehen, wie sie Deinen kleinen Klebebandhals kräftig würgt!“

Pah, dass würde das Mädel niemals machen ... oder doch ...?

 

Montag, 05.05.2014

Das Mädel liest mit gerunzelter Stirn (steht ihr übrigens gar nicht, sollte sie lassen) eine Mail ihres Arbeitgebers. Ich will natürlich wissen, was los ist und frage “Was gibt's? Hat Dein Chef Dein Burger-Wunsch-Menü abgelehnt?“ “Mein was?“ “Na, den Zettel, den Dir der Doc gegeben hat.“ “Ach, Du meinst das Hamburger Modell. Nein, da gibt es kein Problem. Ich muss mich jetzt nur für meinen künftigen Arbeitsplatz entscheiden. So, schon geschehen. Zeit für das Mittagessen!“

Ich bin besorgt. Sie hat das mal eben in fünf Minuten entschieden. Wo bleibt da die Sorgfalt? Oder waren die Optionen eher so etwas wie “Pest oder Cholera“? Vielleicht Schmodder schaufeln in den Schlammhöhlen des Grauens. Oder Produkttesterin in der Abteilung für lebensgefährliche Produkte. Oder noch schlimmer (leichter Schauder läuft mir das Klebeband hinab): Lobbyarbeit für die Finanzindustrie!!!

Am Nachmittag übergibt das Mädel mich in die Obhut des Kunsttherapeuten. Einerseits bin ich glücklich, dass ich jetzt im Kunstraum leben darf. Andererseits wird mir das Mädel doch fehlen: sie ist mir schon ein wenig an mein kleines Klebebandherz gewachsen. Sie wird noch den Rest der Woche in der Klinik sein. Trotzdem ist es schon ein Stück Abschied. Na ja, wir können Gott sei Dank weiter kommunizieren – es lebe die Telepathie!! Dann fällt mir ein, dass ich ohne Diplom nur innerhalb des Gebäudes telepathisch kommunizieren kann. Ab Freitag könnte ich dann nicht mehr mit dem Mädel in Kontakt treten. Mist, ich brauche dieses Diplom!!!

 

Dienstag, 06.05.2014

Zum ersten Mal kann ich live an der Kunsttherapie teilnehmen. Heute scheint jeder sein ganz persönliches Thema zu bearbeiten. Ein gemeinsames Thema kann ich jedenfalls nicht erkennen. Viele malen oder zeichnen richtige Gegenstände, die man eindeutig erkennen kann. Das Mädel kritzelt allerdings mal wieder so etwas Abstraktes. Da kann man nichts erkennen. Schöne Farben hat sie immerhin gewählt. Man kann aber nicht sagen, dass sie in den vielen Monaten, die sie hier war, ihre Zeichenkünste verbessert hätte. Angeblich geht es darum auch gar nicht. Vielleicht, aber geschadet hätte es sicherlich auch nicht!

Ich lehne mich weiter nach vorn, um besser sehen zu können, was das Mädel da so fabriziert. Sie hat ganz viele spiralförmige Elemente auf das Papier gemalt. Der Gesamteindruck ist so verstörend, dass ich das Gleichgewicht verliere. Bei meinem Sturz reiße ich das Telefon des Therapeuten mit mir. Die konzentrierte Stille im Kunstraum wird durch mein Gepolter und das penetrante Getute des Telefons zerrissen. Alle kichern belustigt, nur das Mädel schämt sich ein wenig für meinen Stunt. Sie sollte sich eher für ihr psychedelisches Geschmiere schämen. Das haut den stärksten Kerl aus seinen Klebebandsöckchen.

Und außerdem sind meine mangelnden koordinativen Fähigkeiten doch die Schuld des Mädels. Luza und Verda ermahnen mich, nicht immer am Mädel herumzukritteln und endlich Verantwortung für meine Taten zu übernehmen. Nur auf diesem Weg werde ich mein Diplom bekommen. Ich grummele eine Weile vor mich hin und muss dann aber zugeben, dass ich in der Tat erwachsen bin und mich auch so verhalten muss. So öde es auch sein mag. Und, oh Mann, es ist öööööde.

 

Mittwoch, 07.05.2014

Heute ist zum letzten Mal Visite für das Mädel. Sie kommt recht schnell zurück und widmet sich im Kunstraum (man nennt das Freies Atelier – irgendwie cool) ihrem psychedelischen Geschmiere. Das gibt mir Gelegenheit, mit dem Mädel eine Unterhaltung über diese seltsame Menschenwelt zu führen. Ich hoffe, auf diesem Weg etwas mehr über sie zu erfahren.

Eure Welt ist sehr seltsam: Ihr habt ein überwiegend individuelles Bewusstsein und wenig universelle Werte. Und die wenigen gemeinsamen Werte werden oft aus rein egoistischen Gründen missachtet. In meiner Welt ist es genau umgekehrt: wir haben ein großes universelles und nur ein kleines individuelles Bewusstsein.“

Das mit Egoismus hast Du aber schnell von uns gelernt, Miro. Ich habe selten einen größeren Egoisten als Dich erlebt.“

Das ist doch kein Egoismus! Das ist Zielstrebigkeit und gutes Organisationsvermögen.“

Oh, jetzt klingst Du wie eine echte Führungskraft. Miroslav Spuckowski, ich gratuliere Dir, Du hast Dein Ziel erreicht.“

Ich will mich schon freuen, da dringt der sarkastische Unterton des Mädels in mein Bewusstsein. Da muss ich doch noch mal nachhaken.

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Du nicht viel für Führungskräfte übrig hast. Du hast auch schon letzte Woche so etwas von schlechten Erfahrungen mit Chefs gesagt. Warum diese negative Einstellung?“

Weil sie oft nur an ihre Karriere und ihre Ziele denken; sie merken gar nicht mehr, dass sie ihr Personal überlasten. Sie sind davon überzeugt, dass sie alles richtig machen. Alles für den besten Kundenservice, größeren Gewinn, bessere Leistung, größere Effizienz, bessere Bewertung in irgendeinem Ranking, bla-bla-bla.“

Ich bin überrascht. Ich hatte immer gedacht, dass Führungskräfte in dieser Welt von allen Menschen bewundert werden. Ist das jetzt nur so eine weitere Macke des Mädels? Nein, damit ist sie nicht allein.

Und das Schlimmste ist, dass wir 'Kleinen' auch schon vom 'höher, weiter, schneller, besser' angesteckt sind. Wir alle klagen über Stress, verbreiten ihn aber durch unser Verhalten selbst.“

Na ja, Du als Super-Schnarchnase ja nun eher nicht!“ Oooooopsi, eigentlich sollte das ein Lob werden, ist mir aber irgendwie misslungen. Zu meiner Überraschung wird das Mädel aber gar nicht böse. Sie findet das wohl komisch und lacht.

 

Donnerstag, 08.05.2014

Nachdem das Mädel mit der Truppe auf den obligatorischen Ausflug am Mittwoch gegangen war, recherchierte ich eifrig alternative Behandlungsmethoden. Nicht in langweiligen, verstaubten Büchern oder dem unübersichtlichen und verwirrenden Internet sondern in der einzig wahren Quelle der Weisheit. Es war harte Arbeit, aber davor habe ich ja noch nie zurückgeschreckt (ich weiß jetzt wirklich nicht, warum Luza und Verda an dieser Stelle einen Lachanfall bekommen).

Nach langen, anstrengenden Studien habe ich eine neue Theorie, die ich unbedingt mit dem Mädel vor dem Beginn ihrer Gruppentherapie besprechen muss.

"Vielleicht haben die Führungskräfte aber recht. Vielleicht bist Du eine herkömmliche Mitarbeiterin, die mit Hilfe einer neuen Super-Glanz-Formel zu ganz neuen Höchstleistungen kommen könnte. Da soll es richtige Wundermittel geben, so kleine, bunte Tabs. Siehst Du, solche zum Beispiel ..."

"Oh ja, so ein Spülmachinentab wird mich zu neuen Höchstleistungen bringen - ich müsste nur auf Spülmaschine umschulen und meine inneren Organe gegen Spülmaschinenteile eintauschen."

"Siehst Du, jetzt denkst Du in die richtige Richtung. Jedenfalls sehen diese schönen bunten Tabs überzeugender aus als Deine kleinen kotzgrünen Tablettchen."

"Miro-lein, Aussehen ist nicht alles. Du brauchst außerdem dringend ein Seminar in kritischem Medienkonsum. Wo siehst Du hier eigentlich fern?"

"Die Tonfiguren-Jungs haben einen Breitbandfernseher mit Satellitenanlage."

"Die verborgenen Welten in dieser Klinik beeindrucken mich immer wieder!"

Wahrscheinlich hast Du zu Hause noch einen Röhrenfernseher aus dem letzten Jahrhundert.“ sage ich mehr im Scherz und will mich gerade vor Lachen ausschütten, als das Mädel sagt: "Stimmt, wir haben noch einen Fernseher aus dem Jahr 1996."

Ich starre sie entgeistert an und will wissen, warum sie sich denn nicht endlich ein modernes Gerät kauft. Sie meint nur "Lohnt sich nicht! Dadurch wird das Programm doch auch nicht besser, oder?" Da hat sie wohl recht.

Aber müsste sie nicht auch hin und wieder ein neues Konsumgut kaufen, damit der Wirtschaftskreislauf nicht lahmgelegt wird. In der Pause konfrontiere ich sie mit dieser Frage. Sie meint, sie wolle ihr Geld lieber anderweitig investieren. Da würde mich schon interessieren, wohin ihr Geld geht. Klamotten, Schmuck und luxuriöse Körperpflegeprodukte (ich erkenne billiges Shampoo und Ähnliches sofort durch meine Spezialsensoren und die machen beim Mädel Überstunden in Serie) können es schon mal nicht sein. Ich gehe alle Möglichkeiten durch und komme zu keiner überzeugenden Antwort. Leider kann ich weitere Befragungen nicht durchführen, denn das Mädel verschwindet in der Mittagspause und wird danach Opfer einer ihrer berühmten Schlafattacken. Vielleicht investiert sie das ganze Geld in Kekse. Das würde so Einiges erklären.

 

Freitag, 09.05.2014

Heute ist also definitiv der letzte Tag für das Mädel. Sie ist schon sehr aufgeregt und auch ein wenig traurig. Ich kann das ganz deutlich fühlen. Zur Abschiedszeremonie bin ich auch eingeladen. Ich habe einen prominenten Platz in der Mitte – was für eine Ehre!

Die Abschiedsreden sind sehr schön: sie sind nachdenklich, aber auch lustig. Eine schöne Mischung. Mir wird erst jetzt richtig klar, dass das Mädel eine ganz patente Ausgabe der Gattung Mensch ist. Ein Patient meint, dass er sie für ihre Ausdauer bewundert. Es gäbe wohl nur sehr wenige Menschen, die zwei Monate mit dieser Beharrlichkeit an einem Projekt arbeiten würden. Ich habe das immer einfach als Selbstverständlichkeit gesehen. Jetzt schäme ich mich schon ein wenig dafür. Ich war auch selten wirklich nett zu dem Mädel. Die Abschiedsveranstaltung ist vorüber. Ihr Ehemann wartet schon ungeduldig vor der Tür. Das ist wahrscheinlich meine letzte Chance.

Vielen Dank, Anne, für Deine Geduld mit mir und Deine tolle Arbeit! Mach' es gut da draußen, außerhalb des Geheges. Und, liebe Anne, komm doch ab und an ins Foyer, damit wir ein wenig schwatzen können. Du weißt ja: mein kleines Problem mit dem Diplom und der Reichweite meiner telepathischen Kommunikation!"

Miro, das Diplom schaffst Du auch noch! Da bin ich ganz sicher. Sei nett zu Luza und Verda und Vorsicht bei Deinen Stunts: der Kunsttherapeut braucht sein Telefon!"

 

Sonntag, 11.05.2014

Post von der obersten Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde: ICH HABE MEIN DIPLOM BESTANDEN!!!!

Und jetzt weiß ich auch, wo mein Fehler lag: ich hatte immer versäumt, das Mädel mit ihrem Namen anzusprechen und mich bei ihr zu bedanken. So einfach kann es sein: einfach nur mal DANKE sagen.

Leute, denkt daran, immer, jeden Tag, jede Stunde, jede Minute: das Zauberwort heißt DANKE!

 

Schluss und Ende

So, das war mein geheimes Tagebuch. Nachdem Anne die Klinik verlassen hat, gehen meine Abenteuer natürlich weiter. In Eurer seltsamen Menschenwelt gibt es noch so viel zu entdecken, aber ich habe das nicht mehr in einem Tagebuch festgehalten. Ich hätte ja auch keine Übersetzerin mehr gehabt.

Da ich nun mein Diplom habe, kann ich Anne ab und an etwas von meinen Abenteuern erzählen oder sie für meine Berichterstattung an die oberste Klebebandfiguren-Aufsichtsbehörde befragen. Und wenn ich besonders gut gelaunt bin, erzähle ich gerne auch ein wenig von unserem Klebebandfiguren-Kosmos.

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© Annelie Riedel